Über einen Zeitraum von ca. 18 Monaten hinweg wurden standardisierte Akupunkturbehandlungen durchgeführt. Nach Abschluß der Serien erfolgte mit Hilfe eines Fragebogens eine Sofortkontrolle des Erfolges. Die Ergebnisse waren überaus überzeugend. Bei über 90% aller Fälle wurde eine gute oder sehr gute Besserung der Beschwerden erreicht.
Die Akupunktur wurde gewissermaßen normiert, indem eine Triggerpunktakupunktur in Verbindung mit der Reizung einiger Fernpunkte gemäß der TCM Traditionelle Chinesische Medizin) durchgeführt wurde. Eine Auflistung der Indikationen, bei denen akupunktiert wurde, ist in Tabelle 1 und Abb. 1 wiedergegeben. Im wesentlichen handelte es ich um Krankheitsbilder aus den Formenkreisen Migräne und Verspannungssydrome.
Methodik und Akupunkturpunkte
Bei den Erkrankungender Formenkreise Migräne, Verspannungskopfschmerz,
HWS-Syndrom, Schulter-Arm-Syndrom und Brustwirbelsäulensyndrom ggf.
mit parallel verlaufenden anderen Beschwerden wurden in erster Linie Triggerpunkte
im Bereiche des oberen lateralen M. trapezies genadelt. Dies sind im wesentlichen
die Punkte 3E15 und 3E16. Die Punkte wurden durch Palpation der schmerzhaften
Triggerpunkte gesucht. Die Nadel wurde dabei entsprechend der anatomischen
Situation und der Muskeldicke so tief eingestochen, daß man beim
subjektiv eine Verhärtung spürte, gleichzeitig wurde im allgemeinen
vom Patienten ein dumpfer, ausstrahlender Schmerz (Chi-Gefühl) angeben,
der nach einer gewissen Zeit nachließ.
Individuell wurden außerdem die Triggerpunkte am oberen Ansatz
des M. trapezius G20 und B10 gewählt., wenn es sich um massive Verspannungskopfschmerzen
handelte - dieses jedoch nicht in allen Fällen.
Zusätzlich wurden regelmäßig Triggerpunkte am Ansatz
des M. levator scapule gewählt, die bei fast jedem eindeutig druckschmerzhaft
sind, bei dem man sehr gut palpieren kann. Es handelte sich im wesentlichen
um den Punkt DÜ14, gelegentlich auch um DÜ15.
Bei Beschwerden im Bereiche der LWS und bei Hüftbeschwerden wurden
Triggerpunkte im Bereiche der Paravertebralmuskulatur der schmerzhaften
Bereiche insbesondere L1 bis S5, sowie im Bereich des Iliosakralgelenkes
genadelt. es handelte sich um die Punkte BL25 bis BL28, zusätzlich
G30. Auch hier wurden druckschmerzhafte Triggerpunkte genadelt, in der
Regel wurde ein sog Chi-Phänomen ausgelöst. Als Fernpunkte wurden
regelmäßig Di4 beidseitig, gelegentlich Di11 und Ma36 gewählt.
Nadeln im Bereich des Gesichtes wurden i.d. R. nicht verwendet. Lediglich
bei der Behandlung von Tinnitus Schwindel als zusätzliche Indikationen
wurden Triggerpunkte im Bereiche Dün19, Ma7 und Gb2 als lokale Punkte
genadelt. zusätzlich wurde als Fernpunkte MP7 verwendet. In einzelnen
Fällen wurde je nach individuellen Beschwerden eine Variation
oder eine zusätzliche Nadelung von lokalem bzw. auch geeigneten Fernpunkt
insbesondere im Bereich der großen Gelenke der unteren Extremitäten
durchgeführt.
Bei der Nadelung der Triggerpunkte wurde in den meisten Fällen
ein sog. Twiggel-Phänomen (Muskelzuckung) erzeugt. die Punkte wurden
in der Regel durch Palpation als druckschmerzempfindlich vorher lokalisiert,
die Fernpunkte wurden nach der Very-point-Technik durch oberflächliches
Reizender Haut gefunden. Entsprechend der dicke der Muskulatur un der Tiefe
der Triggerpunkte bzw. eventueller Verhärtungen wurden Nadeln mit
50 mm länge und 0,3 mm Durchmesser von Seirin Typ B No 8 verwendet.
für Fernpunkte wurden Nadeln mit 30 mm Länge und 0,3 mm Durchmesser
von Seirin Typ B verwendet. Die Nadelungen wurde regelmäßig
am liegenden Patienten, in einigen Fällen auch sitzenden Patienten
mit Erfolg durchgeführt. Die Serie umfaßte stets 0-12 Sitzungen.
Am Ende der Serie wurde ein Fragebogen an die Patienten ausgeteilt. Es
wurde eine Stickprobe von 42 Patienten erhoben.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen, daß sich die Art der Akupunktur, die wissenschaftliche
oder unphysiologisch Denkansätze nicht ausklammert, sondern sich auf
die wesentlichen Grundkonzepte, die ein westlich orientierter Mediziner
ohne Weiteres akzeptieren kann (lokal Beeinflussung der Muskulatur über
Triggerpunkte und Fernwirkung über die Fernpunkte, z.B. im sinne des
Modells eines Gate-Controll), durch eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit
auszeichnet.
Wie bei Abb. 2-6 zeigen wirkt die Akupunktur erwartungsgemäß
nicht nur bei Migräne und sämtlichen Wirbelsäulensyndrom
außerordentlichen positiv Es werden praktisch keine Abbrüche
und nur wenige Therapieversager beobachtet. neben der zu erwartenden äußerst
positiven Wirkung auf das komplexe System Skelett-Muskel-Bandapparat (vgl.
die "Reichistische Theorie von Muskelpanzer") sollten die Anwendung der
Akupunktur in Richtung auf das System Sympatikus/Parasympatikus, d.h. auf
das autonome Nervensystem weiter untersucht ausgebaut werden. Leider umfaßt
der Indiktionskatalog der Krankenkassen (Tabelle 2) viele der hier untersuchten
Einsatzmöglichkeiten nicht - ganz im Gegensatz zu den WHO-Empfehlungen
(Tabelle 3).
Diskussion
Die hier gemachten Erfahrungen, z.B. bei der Behandlung des chronischen
Reizdarmes, des Colon irritabile und verwandter Formenkreise, sind erfolgversprechend.
die Kotherapie der Akupunktur mit chirotherapeutischen und physiotherapeutschen
Methoden wird beschrieben und häufig erfolgreich praktiziert. Es sollte
durchaus auch eine Kotherapie der Akupunktur - als eine starke lokale Reize
setzende Therapie - mit westlich modifizierten Entspannung- und Suggestivtherapie
wie sie z.b. das Autogene Training nach Schulz darstellt, verfolgt werden.
dieses wird auch durch die häufig beobachtet Müdigkeit bestätigt,
welche in dem Sinn kein Nebenwirkung, sonder ein erwünschter therapeutischer
Effekt ist.
Die beobachtete Verbesserung nach ca. 2-4 Sitzungen bestätigt
die Versuchsanordung mit ca. 10 Akupunktur. Es wäre zu überlegen,
ob nicht eine Intervalltherapie ist jeweils 6 Akupunktursitzungen, wie
sie hier in Einzelfällen auch durchgeführt wurde, insgesamt
von längerem therapeutischen Erfolg und erhöhter Compliance sein
könnte.
Es ist beabsichtigt, eine Nachkontrolle des Erfolgs nach einer gewissen
Zeit durchzuführen, um die langfristige Wirksamkeit der Akupunktur
zu dokumentieren. In einigen Fällen wurden dazu schon Befunde erhoben.
Eine Wirksamkeit von mindestens 3 bis ca. 18 Monaten scheint sich belegen
zu lassen
Literatur über Kirchheim-Verlag
Dipl.-Phys.
Dr. Wolfgang Escher
Facharzt für
Allgemeinmedizin
Cloppenburger Str. 199
26133 Oldenurg